Fussball in Korbach
Die Geschichte des Fußballsports reicht in Korbach zurück bis ins Jahr 1909. Anlässlich des 100jährigen Jubiläums des SV 09 Korbach, wurde vom TSV 1850/09 Korbach eine Festzeitschrift erstellt, die sich auch sehr intensiv mit der Geschichte der Fußballabteilung beschäftigt. An dieser Geschichte möchten wir Sie nachfolgend teilhaben lassen. Unser Dank gilt all denen, die an der Erstellung der Festschrift direkt oder indirekt beteiligt waren. Unser besonderer Dank gilt der Redaktion um Armin Hennig, der Waldeckischen Landeszeitung, der Hessisch Niedersächsischen Allgemeinen und allen Zeitzeugen, ohne die dieser Blick in die Vergangenheit nicht möglich gewesen wäre.

Neuanfang gegen Arolsen (FCA) in Vorkriegsfarben: Heinrich Mohr, Heinrich Löwenstern, ??, Paul Engelhardt, Kapitän Karl Weber (mit Schärpe), Hermann Maier (ganz rechts). Vorne sitzen Heinrich Fritz und Hermann Held, die Namen der anderen 09er sind leider nicht mehr bekannt.
Dank des Vorlaufs als „Schwalbe“ besteht die Fußballabteilung schon länger als der Verein. Im Jahr 1908 trifft die jugendliche Begeisterung für die neue Sportart Fußball auf auswärtige Könner, die ihren Lebensunterhalt in der neu errichteten Korbacher Filiale der Gummi-Werke Louis Peter verdienen und in Heinrich Vahland, Wilhelm Tent, den Gebrüdern Brühmann oder Oswald May gelehrige Schüler finden, die zudem ausreichend Gleichgesinnte motivieren können, um den jungen Verein zügig in eine wettbewerbsfähige Verfassung zu bringen. Nach fünf Jahren Vorlauf bleibt der Gründergeneration gerade mal eine Saison im Spielbetrieb des Westdeutschen Spielverbandes (heute Westdeutscher Fußballverband) vergönnt, ehe der Weltkrieg das sporliche Geschehen zum Stillstand bringt.
Kein Fußball-Wunder ohne Ursache. Während die Fußball-Jugend von 1909 auf den Schlachtfeldern ums Überleben kämpft, hat sich auf der Hauer die Geschichte wiederholt. Einmal mehr findet sich dort eine Fußball-Jugend zusammen und gründet ihren Fußball-Club Adler (1916). Doch auch die nächste Generation von Hauer-Kickern tritt ab 1919 für den SV 09 an, ebenso die Schülerabteilung des Gymnasiums (28 Mitglieder), im Jahr darauf. Zudem verstärkt die nächste Generation von auswärtigen Könnern den Kader. Die Erfolgsbasis ist also breiter denn je, insofern ist die Meisterschaft von 1920 kein Wunder.

Die erste Mannschaft des SV 09 Korbach im Jahre 1927
Das Bild zeigt auf der „alten Hauer“ von links:
Obmann Josef Emde, Alfons Bieber, Heinrich Engelhard, Christian Küthe, Gustav Mohr, Karl Fleck, Friedrich Hartmann, Ludwig Götte, Johann Kutz, Artur Blankenburg, Karl Döring, Heinrich Schönhardt, Manfred Kohlhagen
Dergleichen schlechte Vorbilder aus beiden Kategorien treten erst gar nicht für den SV 09 an, der am 01. Dezember 1945 in die Qualifikation für die Bezirksliga geht. Die anderen Gegner der Gruppe 9: Kassel West (=KSV Hessen Kassel), Volkmarsen, Wolfhagen und Zierenberg. Im neuen Jahr spielt der SV 09 denn auch Bezirksliga gegen Kassel-Nord (SV Hermannia), Süsterfeld, Großenritte und Volkmarsen und wird auf Anhieb Dritter. Laut Oswald May verdankt sich der gelungene Wiederbeginn im Korbacher Fußball vor allem Frieder Gutberlet und Karl George, die auch in den kommenden Jahren und Jahrzehnten für viele Erfolge verantwortlich zeichnen sollten, sowie den alten Kämpen Alfred Bieber, Karl Fleck, Heinrich Gutmann und Wilhelm Gerbracht.
Die Familienzusammenführung bringt auch so manchen auswärtigen Könner zu Waldecks alter und neuer Nummer eins, etwa Torwart Langhammer von 1860 München, der zu seiner Frau nach Vöhl entlassen wird. Der Schlussmann holt nicht nur Nationalspieler Damminger, sondern mit Walter Schmitz auch einen ehemaligen Mitspieler aus der Lagerelf von Rimini auf die Hauer. Ähnlich verhält es sich mit Mittelfeldgenie Hans Streiter, der aus Krefeld nach Korbach geheiratet hat und besonders gern gegen den härtesten Rivalen jener Tage, den VFR Volkmarsen, seine Tore schießt. Ebenfalls aus Krefeld kommt Fritzchen Holger. Der Linksaußen ist der Spaßvogel einer Mannschaft, die auch ernsthafte Gegner fordern kann. So geht der SV 09 Korbach gegen eine mit Nationalspielern gespickte englische Soldatenelf mit 2:0 in Führung, auch wenn es am Ende 2:3 steht. Ein gutes Omen, vielleicht sogar ein bezeichnendes. Im zweiten Bezirksliga-Spieljahr holt sich der SV 09 Korbach mit entscheidenden Siegen über Großenritte und Volkmarsen den Gruppensieg. Nach einem 1:1 in Kassel geht die Mannschaft hoffnungsfroh in das zweite Entscheidungsspiel gegen Niederzwehren, verliert aber das Rückspiel in Arolsen mit 2:4. Die Chance zum Aufstieg ist damit verpasst. Dafür winkt im Hessenpokal die ganz große Chance: Nach eindrucksvollen Siegen (u. a. ein 4:1 gegen die Sportfreunde Frankfurt) ist der SV 09 bis ins Halbfinale vorgedrungen, ehe eine schier unglaubliche Serie von Anreisepannen, den Erfolg geradezu unmöglich macht: „Bei glühender Hitze“, erzählt Oswald May, „musste die gesamte Mannschaft in einem Behelfsbus (Holzvergaser) auf die Reise gehen. Unterwegs gab es eine Reifenpanne, und wäre nicht zufällig das Korbacher Contiauto des Weges gekommen, wäre die Mannschaft erst gar nicht in Driburg angekommen. Dazu kam, dass einige Spieler fahrtkrank wurden, da sie eine in einem Kübel mitgenommene Erbsensuppe (es war gut gemeint) nicht vertragen konnten.“ Nach dieser schier unglaublichen Pannenserie kommt der SV 09 erst kurz vor Anpfiff und total erledigt in Dieburg an und verliert 1:3.
Am 30. März 1948 feiert der SV 09 dafür den nächsten Titel, der zählt. Mit einem 4:1 im entscheidenden Spiel über Harleshausen (Tore: Schmidt, Schwieder, Ernoß, Streiter) gelingt der Sprung an die Tabellenspitze. Nach dem finalen Sieg kommt der Titelverteidiger mit einem Zähler Vorsprung vor Volkmarsen ins Ziel. Auftakt zu den härtesten Wochen des Jahres, denn alle neun Bezirksliga-Meister Hessens spielen untereinander die beiden Plätze in der Landesliga aus. Mit dem ersten Sieg im letzten Spiel schiebt sich die Mannschaft auf Platz 5 vor. Tatsächlich hat der Aufstieg nicht oberste Priorität. Aus Furch, die eigenen Einnahmen in der neuen stabilen D-Mark könnten im Verein versickern, haben sich die Fußballer vom SV 09 abgespalten.


Die 1. Mannschaft des SV 09 Korbach in der Saison 1956/57
Von rechts nach links:
Trainer Karl George, Spielführer Frieder Gutberlett, Helmut Emde, Kurt Adolph, Herbert Hordych, Karl Bialuschewski, Hansi Honsa, Ernst Schultheiß, Karl Markolf, Gustav Rentel, Günter Lessing, Horst Helmut Zarges, Obmann Wilhelm Hunger.
Zwei Jahre später bilden die 40 Tore von Horst Paul die Grundlage für die Rückkehr in die Gruppenliga. Allein im entscheidenden Spiel gegen Baunatal (5:2) markiert der Goalgetter drei Treffer. Die beiden anderenn Buden gehen auf das Konto von Walter Schwarz. Die beiden sind nicht die einzigen Neuzugänge aus der eigenen Jugend, die dafür sorgen, dass die Gruppenliga erneut als Durchgangsstation erscheint, allerdings nach oben. Bis zum 21. Spieltag ist der SV 09 Tabellenführer, bis zum vorletzten Spieltag auf Meisterschaftskurs, ehe eine Niederlage in Künzell (2:0) das Ende aller Hoffnungen auf einen Durchmarsch und Oberliga zum 60. Jubiläum bedeutet.
Walter Schwarz, einer der jungen Wilden im Team von Karl George, sieht den vorentscheidenden Fehler in einem früheren Heimspiel gegen den BC Sport, das mit 0:2 verloren geht und den Sturz von Platz eins auf Rang fünf nach sich zieht. „Gegen die alten Hasen wie Gebhardt, da hat uns der Trainer auf Manndeckung gestellt, statt uns junge Hüpfer unser schnelles Spiel aufziehen zu lassen.“ Die Entscheidung, den verletzten Lothar Lessing durchspielen zu lassen, kostet die Korbacher Offensive den letzten Rest an Überraschungsmoment.
„Wie haben das Zeug dazu gehabt, Oberliga zu spielen“, ist Manfred Ellenberger immer noch überzeugt, wie viele seiner Mitspieler von damals, die am Ende der Folgesaison (1969/70) als Absteiger zurück in die Bezirksliga müssen. George überlässt Gutberlett den nächsten Aufstieg und heuert anderswo an. Doch zunächst gilt es den Absturtz in die A-Klasse abzuwenden (1972), ehe Frieder Gutberlett, 25 Jahre nach dem Wechsel an die Seitenlinie, seine letzte Saison als Trainer auf Platz eins abschliessen kann, leider mit einem Remis in Goddelsheim. Anschliessend müssen die 09er hilflos dabei zusehen, wie der VfB Schreckensbach in zwei Nachholspielen exakt den einen Zähler mehr holt und Meister wird.

Peter Taubert (links) klärt gegen einen Eintracht-Spieler. Walter Schwarz und Wildried Wohlfart (rechts) sehen genau hin.
An der Seitenlinie löst eine Legende die letzte ab, obwohl für das Experiment mit dem Trainer des Olympiasiegers im Boxen eigentlich nur ein Jahr angedacht ist. Obmann Schellhaas kann Hans Hillmann verpflichten, und im Konzept des neuen Kreissportbeauftragten steht die Kondition ganz klar an erster Stelle. „Wie haben unsere Spiele oft in den letzten Minuten gwonnen“, erklärt der Erfolgstrainer der nächsten Generation den entscheidenden Unterschied. Verloren hat der souveräne Meister, der mit 12 Punkten Vorsprung vor dem Zweiten aus Röllshausen ins Ziel kommt, nur ein einziges mal: beim Derby in Wildungen. Senior im Team ist Manfred Ellenberger, mit seinen 28 Lenzen nimmt Elle das Abenteuer Gruppenliga zum dritten mal in Angriff wie auch Wilfried Wohlfart. Für Horst Paul, Peter Taubert und Walter Schwarz ist es der zweite Aufenthalt in der starken Klasse. Zu Platz acht in der ersten Saison tragen auch die Debütanten Erhard Kiel (bester Schütze mit elf Treffern), insbesondere aber die starke Defensive mit Middecke, dem Abräumer Benno Haase, und dem damals erst 17-jährigen Schlussmann Uli Sude bei. Erhard Kiel trifft in der Hinrunde der Folgesaison schon zehn mal, fällt aber in der Rückrunde ebenso aus, wie der Regisseur der Aufstiegsmannschaft, der seine Laufbahn endgültig beenden muss. Dank der Neuverpflichtung Bolle Gerhard, mit 22 Treffern Torschützenkönig, gelingt zwar ein gar nicht so schlechter dritter Rang in 1975/76, aber Hans Hillmann ist sich sicher, dass diese Mannschaft das absolute Zeug zur Oberliga hatte. Dank ausgefeilter Trainingspläne ist Uli Sude gleich reif für die Bundesliga und wechselt zum Spitzenklub der 70er, Borussia Mönchengladbach, auch Bolle Gerhard steigt auf: in die zweite Liga zum KSV Baunatal.
Zu Beginn der Saison 1978/79 macht sich die Fußballabteilung selbständig. Ihr Leiter ist Karl-Heinz Kleine, der einst als Spieler in der Abschiedssaison von Frieder Gutberlett seinen Einstand bei den Senioren gab. Der erfolgreiche Architekt hat sich mit Karl Markolf, Karl George und Obmann Burkhard Stephan viel Sachhverstand mit ins Boot geholt. Das gemeinsame Ziel: Die Korbacher Kicker auf ein breiteres finanzielles Fundament zu stellen und damit nachhaltig höherklassigen Fußball möglich zu machen. Tatsächlich spielt Großenritte von Beginn an in einer anderen Liga, während Hans Hillmanns Boxstaffel in die erste Bundesliga aufsteigt, gleichbedeutend mit dem (vorläufigen) Ende seines Engagements als Fußballtrainer. Sein Nachfolger an der Seitenlinie zog beim letzten Aufstieg noch im Mittelfeld die Fäden: Wilfried „Peecy“ Wolfarth.
Tatsächlich gelingt in der kommenden Spielzeit ein längerer Aufenthalt auf der Spitzenposition, ehe die Mannschaft für etliche Wochen ohne ihren Trainer auskommen muss – gleichbedeutend mit einer Schwächeperiode. Kaum ist der Coach wieder an Bord mausert sich die Mannschaft zum Verfolger Nummer eins, vertändelt aber gegen Niedermöllrich und in Homberg vorentscheidende Punkte. Danach ist Spitzenreiter Hof nur noch bei drei Niederlagen und ebenso vielen Korbacher Siegen einholbar. Für Karl-Heinz Kleine ist Platz zwei ohne Aufstiegsrecht so gut oder schlecht wie jeder andere, deshalb entlässt der ehrgeizige Abteilungsleiter den Trainer drei Spieltage vor Schluss und geht mit der Entscheidung an die Öffentlichkeit – ohne Rücksprache mit den unmittelbar Betroffenen. In einem Interview mit der WLZ nennt der Architekt des nächsten Aufstiegs noch „Verschleisserscheinungen“ als weitere Ursache. Die übergangene Mannschaft widerspricht entschieden in einem Leserbrief und tritt in Streik, bis der Coach wieder eingesetzt ist. Doch ehe der Konflikt weiter eskaliert, nimmt Peecy Wohlfart den Druck von der Mannschaft, indem er seinerseits den Vertrag zum Saisonende kündigt. „Es ging uns auch um Art und Weise und den Zeitpunkt der Entlassung“, erklärt Ulrich Schwalenstöcker den Aufruhr. „Zwischen Peecy und Karl George herrschte schon länger kein gutes Klima. Auch das Verhältnis zwischen unserem Trainer und dem Joe Kleine, das war … kühl. Da genügte der kleinste Anlass.“ Auch Mannschaftskapitän Horst Paul vermutet eher persönliche als sportliche Motive als Ursache.
Routinier Karl-Willi Nolte, der schon vor dem Einlenken seines Vorgängers verpflichtet wurde, übernimmt also kein leichtes Erbe, zehn Abgängen steht ein einziger Neuzugang gegenüber. Der Sprung in die Landesliga gelingt dann auch nicht auf Anhieb. Einmal mehr kommt die Mannschaft nach der Winterpause vom Kurs ab, läuft auf Rang vier ein und verliert mit Heribert Middecke einen weiteren Leistungsträger. „Die Mannschaft steigt eher auf als andere“, so chrarakterisiert der beste Schütze der Saison 81/82 (23 Treffer) seinen neuen Verein und langt daneben. Der SV 09 steigt vor dem SC Neukirchen auf, allerdings haben die Schwälmer bei späteren Begegnungen in der Landesliga zumeist das bessere Ende für sich. Dank Middecke, der aber hinnehmen muss, dass Michael Deuerling mit 42 Buden als Torschützenkönig beider Ligen und Meister mit dem SV 09 wird.
Für Herbert Hordych, der die Chronik bis 1984 fortschreibt, besteht die Erfolgsformel in der richtigen Mischung aus alten Hasen wie Horst Paul und Benno Haase, sowie den 23jährigen Blecher, Schwieder, Meier, Paulus und Schöneweitz und den gerade der eigenen Jugend entwachsenen Schwalenstöcker, Szymanski, Vogel, Knipp und Deuerling. Letzterer kehrt nach dem Aufstieg dem Korbacher Fußball den Rücken und kann sich in der Folgesaison sogar lange Zeit auf ein Bundesligaduell mit Uli Sude freuen, verpasst aber im letzten Heimspiel gegen Hannover 96 (2:2) den Siegtreffer zum Aufstieg.
Burkhard Hansmann, zweitbester Schütze im Aufstiegsjahr, erweist sich mit 18 Landesliga-Buden als würdiger Nachfolger ehe er zum damaligen Oberligisten CSC 03 abwandert. Dank seinen Toren und der grandiosen Defensiv-Arbeit von Benno Haase steht der Aufsteiger am Ende der Saison auf Platz sechs in der Endabrechnung. Rang 14 in der Auswärtstabelle zeigt auf, wo Steigerungsmöglichkeiten liegen. Allerdings hat der SV 09 binnen drei Jahren ebenso viele Top-Scorer an andere Vereine abgegeben.
Klassenerhalt lautet auch die Prognose beim SV 09, nachdem Abteilungsleiter Karl-Heinz Kleine seine Konsequenzen aus der unbefriedigenden Beteiligung der lokalen Wirtschaft am Korbacher Fußball gezogen hat. Da kein anderer in die Bresche springt, fehlen dem SV 09 die Mittel, um Spieler zu halten.

Der ist für jede Menge Vorschusslorbeeren gut, die erst recht nach dem 3:2 in der Vorbereitung über den MSV Duisburg wuchern. Zumal Zebra-Trainer Detlef Pirsig dem Landesligisten anschliessend Oberliga-Reife bescheinigt. Diesen Sieg nach 0:2 Rückstand haben Hans Hillmann und sein Obmann Heinrich Jabs noch 22 Jahre später als die beste Leistung einer Korbacher Mannschaft im Kopf. Eine ganz zentrale Rolle spielte dabei Slavko Karanovic, der schon für Partizan Belgrad in der ersten Liga gekickt hatte, doch beim umjubelten Pflichtspeldebüt des Hoffnungsträgers vor 500 Zuschauern liegt schon ein enttäuschendes erstes Drittel hinter der Mannschaft, die zehn Spiele ohne Sturm hinter sich hat, da Manfred Hamel (acht Wochen Sperre) und Mingo Jäger (verletzt) nicht einsatzfähig sind, während ihre Vertreter aus anderen Manschaftsteilen zudem weniger Bälle von Schwalenstöcker und Vogel serviert bekommen, da sich die Gegner nun besser auf das geniale Mittelfeld-Duo eingestellt haben. Auch feine Einzelleistungen des universell einsetzbaren Karanovic sind nicht immer für einen Sieg gut. Der unbedingte Siegeswille des „härtesten Spielers aller drei jugoslawischen Profiliegen„, der auch Freundschaftsspiele wie ein Endspiel angeht, sorgt dafür für Spannungen. Letzendlich steht der Neuzugang am Anfang einer Entwicklung, die dem SV 09 bzw. TSV und SG Korbach ein langjähriges Dasein im Schatten des SC Willingen bescheren sollte, der schon im ersten Landesliga-Jahr den besseren Tabellenplatz abstaubt, da die Upländer beide Begegnungen für sich entscheiden (2:1/ 0:1). Der Musterprofi stellt nicht nur an sich hohe Anforderungen im Training und auf dem Platz, für nachhaltigen Ärger sorgt aber die (seitens des SV 09 haltlose) Vermutung, dass auch seine Bezahlung aus einer anderen Liga wäre. Hans Hillmann ist inzwischen in Battenberg und der Stein des Anstoßes ebenfalls Geschichte, als die Karanovic-Episode doch noch ihren Tribut fordert.
Schon vor der Winterpause 1989/90 ist der Abschied von der Landesliga absehbar. Zwar sind mit Schwalenstöcker, Beckmann und Paulus etliche Stützen auf der Hauer geblieben, auch die Fusion mit der Fußballabteilung des TV Korbach füllt die arg gelichteten Reigen, doch Platz acht am dritten Spieltag nach dem zweiten Heim-1:1 der Saison bleibt die beste Platzierung. Zwei Spieltage später findet sich die von Peter Wienbeck trainierte Mannschaft auf dem letzten Tabellenplatz wieder. Nach einem Zwischenspurt und zwei Siegen in Flieden (1:2) und daheim gegen Ziegenhain (1:0) gelingt zwar noch der Vorstoß auf Platz 11, doch schon früh entwickelt sich der vorletzte Rang zum Stammplatz für den freundlichen Coach und seine Schützlinge.
Bis auf Uli Schwalenstöcker, der Eckhard Vogel nach Willingen folgt, bleibt die Mannschaft zusammen und findet sich erneut im Tabellenkeller wieder. Auch eine Klasse tiefer geraten die TSV-Kicker, trotz früher und deutlicher Führung, regelmäßig in den Schlussminuten in Rückstand. Eindeutiges Indiz für mangelnde Kondition. „Es kann nicht meine Aufgabe sein, erwachsene Menschen zu erziehen„, zieht der restlos enttäuschte Peter Wienbeck seine Konsequenzen aus der erneuten Talfahrt.
Die Lösung heisst einmal mehr Hans Hillmann, der Experte für Luft bis zum Abpfiff ist zwar Sportchef in Battenberg, aber dank tatkräftiger Unterstützung durch Manfred Ellenberger schaffen Debus, Paulus, Ohms, Mannweiler und Co. den Klassenerhalt, zwar später als erhofft, doch dank guter Kondition gelingt ein Schluss-Sprint mit zwei Siegen auf Platz neun.
Zehn neue kommen, von denen sicht etliche noch ein Namen machen sollen, Martin Rinne, Jörg Wagner oder Steffen Schmermund, der sich schnell den Titel „Torschütze vom Dienst“ schnappt. Namhaftester Neuzugang ist Ulrich Schwalenstöcker, auch Erhard Kiel kehrt zurück, allerdings als Stratege an der Seitenlinie. Dank einer katastrophalen Bilanz gegen Mannschaften aus dem unteren Drittel geht der TSV erneut als Zwölfter in die Winterpause. In seiner Winter-Analyse für die WLZ bescheinigt der anspruchsvolle Neuzugang auf der Trainerbank seiner Mannschaft denn auch mentale Defizite, die bis zum Wiederanpfiff aber abgebaut werden können. Dank eines Derbysiegs gegen Mengeringhausen und /:1 Punkten in Folge kommt der TSV auf die Erfolgsspur. Am Ende stehen 9 Siege mehr auf dem Konto und Platz 4 mit 35:29 Punkten. Berechtigter Grund zu größeren Hoffnungen?
Eindeutig ja, endlich eine überzeugende Halbzeitbilanz mit 13 Siegen und 27:7 Zählern steht der TSV Korbach auf Platz eins und bleibt dort bis zum Saisonfinale – trotz etlicher Schwächeanfälle nach der Winterpause, die bei Erhard Kiel ernsthafte Zweifel an der Siegermentalität seiner Truppe wecken, – obwohl der Aufstieg in die Landesliga gelingt. Als mit Rainer Zenke dann auch noch der Spieler geht, der mit seinem Spielwitz und 22 Toren den Unterschied zum Vorjahr markiert hat, sieht der erfolgsorientierte Trainer keine ausreichende Perspektive für den Klassenerhalt in der Landesliga, – obwohl es in der kommenden Saison nur einen Absteiger geben wird. „In dem Team waren zu viele eigenständige Persönlichkeiten, wir waren auf und neben dem Platz keine Einheit„, bringt Uli Schwalenstöcker das Problem der Aufstiegself auf den Punkt. „Das hat vermutlich Rainer Zenke und Erhard Kiel u. a. dazu bewogen, trotz Erfolg und Aufstieg dem Verein im Hinblick auf die bevorstehende, harte Landesligasaison zu verlassen. Natürlich waren auch die erforderlichen Verstärkungen nicht in Sicht.“
Mit der Fusion endet auch die letzte Ara Hans Hillmann im Fußball. Neuer Sportdirektor ist FC-Macher Wilfried Schlömer, den es aber schnell zurück an die Seitenlinie und in die Kabine zieht. Doch der vom TSV verpflichtete Benno Haase duldet keine Einmischung in seinem Veranrwortungsbereich. Nach sechs Spielen steht die Mannschaft ungeschlagen, aber steigerungsfähig (in diesem Punkt sind sich die beiden Kontrahenten einig) auf Platz vier, als Abteilungsleiter Lothar Lessing einsehen muss, dass die vereinbarte Spielgemeinschaft in dieser Konstellation nicht einmal die Verlobungszeit übersteht. Benno Haase zieht von sich aus die Konsequenzen und überlässt dem ehrgeizigen Sportdirektor das Feld. Wilfried Schlömer kommt jedoch als 9. in die Winterpause, insgesamt 30 eingesetzte Spieler zur Halbzeit belegen, wie schwierig es ist, die passende Mischung zu finden. Die Erfolgsformel lässt auf sich warten, mit Platz zehn geht dieser TSV/FC Korbach in die Geschichte ein. Und 26 Spieler treten in der kommenden Saison nicht mehr für die neue SG Korbach an. Manche gehen aus sportlichen Gründen andere wollen in
erster Linie aus dem Wechsel Kapital schlagen.
Nach einem Exodus dieser Größenordnung sind die Erwartungen für die Saison 1996/97 nicht allzu hoch, doch während Tabellenführer Wabern am fünften Spieltag zuhause gegen Neukirchen II verliert, zieht die Schlömer-Elf mit einem 2:2 in Guxhagen vorbei, verteidigt Platz 1 mit einem 3:0 gegen Treysa, der Auswärtspunkt von Homberg (1:1) bedeutete wieder Platz 2, doch im nächsten Heimspiel enttrohnt die SG Korbach den Tabellenführer im direkten Vergleich (1:0) und verwandelte die „Hauer in ein Tollhous„, so die Waldeckische Landeszeitung. Eine herrliche Momentaufnahme, beim nächsten Auswärtstermin holt der spätere Meister SC Neukirchen II, die Himmelsstürmer auf den Boden der Tatsachen zurück, Auswärtsplatz acht mit nur zwei Siegen und 13 Zählern Rückstand auf die Spitze zur Winterpause, zeigen deutlich, wo die fehlenden Punkte geblieben sind. Drei davon in Goddelsheim (3:2), ebenso viele Treffer schenkt Axel Saure seinen alten Kameraden ein, gleichbedeutend mit Platz 5. Die vom Ex-SV 09er Bernd Specker betreuten Lichtenfelser, mit etlichen Ex-Korbachern in ihren Reihen, erweisen sich auch am vorletzten Spieltag auf der Hauer als Spielverderber: Kai Binternagel bringt die Kreisstädter zwar in Führung (14.), doch mit zwei Treffern dreht Emde das SPiel und sichert dem TSV Goddelsheim den Klassenerhalt. Mit der Pleite im letzten Heimspiel ist auch Relegationsplatz drei außer Reichweite.
Nachfolger Schorsch Niglis kommt sogar ungeschlagen durch die Relegation. Rund 1000 Zuschauer sind auf der Hauer und sehen mit Entsetzen, wie Volker Kalny nach seiner ersten Aktion in der allerersten Minute Rot sieht. Es folgt eine der besten Leistungen, die eine Korbacher Mannschaft je erbracht hat, doch am Ende steht es 0:0. Da die TSG Lütter ihre beiden vorherigen Partien gewonnen hat, während die SG Korbach im ersten Spiel gegen den Vorjahres-Aufsteiger Gilsa Jesberg, nicht nur einen Punkt, sondern auch Regisseur Martin Rinne eingebüßt hat, bleibt nur der undankbare Rang zwei. Zwei Jahre später treffen Lütter und Korbach erneut in der Relegation aufeinander, am Ende einer Saison, die nicht so verheißungsvoll begonnen hat.
Dabei hat Abteilungsleiter Rolf Osterhold im November erneut die Notbremse ziehen müssen, nachdem Niglis-Nachfolger Markus Müller mit seinen revolutionären Trainingsmethoden nicht nur die Hauer-Traditionalisten vor den Kopf gestoßen hat, sondern mit seinem Umgangston auch etliche Spieler. So steht zwar die erfolgreiche Einführung der Viererkette auf der Habenseite, doch bis zu seiner Entlassung am 11. November sind der SG Korbach bereits sechs Spieler von der Fahne gegangen, darunter auch Aktivposten wie Martin Rinne und Hüseyin Kukuoglu.
Die befreit aufspielende junge Mannschaft setzt zu einer Aufholjagd an, holt unter Nachfolger Steffen Schmermund 40 von 45 möglichen Punkten – und bleibt am Ende doch einen Zähler hinter Meister TuSpo Ziegenhain. Gleichbedeutend mit der Relegation.Beim Wiedersehen mit Lütter sehen mit Adrian Haasmer und Yücel Kocak gar zwei Korbacher den roten Karton, am Ende steht es trotzdem 4:1 für Korbach, dank Treffern von Christoph Osterhold (41.), Mentor Berisha (46.) und Markus Mühlenbächer (83.) und einem frühen Eigentor der Gäste (2.). „Beim Beobachten der Jubelszenen nach dem 1:0 Relegationssieg gegen Eintracht Baunatal wäre das Abteilungsleiter-Vater-Herz, – unsere Söhne Hendrik und Christoph spielten beide mit -, vor Stolz und Freude fast zerplatzt„, kommentiert Rolf Osterhold den Schlusspunkt im Aufstiegsrennen.
Mit begeisterndem Fußball weckt die offensivstarke SG Korbach in der kommenden Saison gar Oberliga-Träume: „Mit Markus Kisjuhas, Willi Rabe, Chrissi, Mühle und Michael Moron hatten wir eine tolle Offensive„, erinnert sich Uli Schwalenstöcker. „Mit dem 4-2-3-7, das wir in der Salson 2002/03 in der zweiten Mannschaft erfolgreich getestet hatten, konnten wir tolle Spiele zeigen. Leider ist uns in der Rückserie mit der Verletzung von Chrissi und den traditionell schlechten Trainingsbedingungen (kleiner Hartplatz, schlechtes Flutlicht), nicht mehr gelungen, an die Leistungen der Vorserie anzuknüpfen.“
Die beiden Osterspiele bedeuten das Ende aller Hoffnungen. Zum Saison-Ende geht das Goalgetter-Duo Chrissie/Kisjuhas, immerhin für 37 von 68 Treffern gut, getrennte Wege und die führen weg aus Korbach. Dafür steht mit den Neuzugängen Kahle und Hartmann, sowie den Routiniers Hintschich und Andre Meier die stärkste Korbacher Viererkette aller Zeiten und mit ihnen soll die Null möglichst lange stehen. Das Defensiv-Konzept geht bis zum Hinrundenfinale auf. Nach zwischenzeitlich 453 Minuten ohne Gegentor soll das Heimspiel gegen den aktuellen Zweiten TSV Lehnerz den Herbst-Vize bringen, doch das unglückliche 0:1 gegen zehn Kicker aus dem Vorort von Fulda erweist sich als Ende aller Hoffnungen. Ein Sieg und 6:20 Tore lautet die Bilanz der folgenden Partien. Zwar fängt sich die Mannschaft nach dem Tiefstpunkt in Asbach (6:1; sechs Gegentreffer bis zur 50. Minute) wieder, doch aufgrund der schwach besetzten Offensive gelingt es den Schwalenstöcker-Schützlingen nur in zwei Spielen, einen Rückstand in einen Sieg zu verwandeln. In beiden Fällen ist Yücel Kocak der Schlüsselspieler und der verlässt den Verein zum Saisonende, samt fünf Kollegen aus dem Abwehrverband.

Tabellenführung verteidigt – Hendrik Osterhold, Willeke, Banner, Wendel, Matthias Rösner v.l.
Nach dem Abgang einer kompletten Viererkette samt Ersatzgliedern, weckt Erhard Kiel mit dem Anspruch auf den Aufstieg in die Oberliga erst einmal viel Widerspruch, trotz der Rückkehr des Goalgetter-Duos Osterhold/Kisjuhas. Doch die Heimkehrer schießen nicht nur frühe Führungen heraus, sondern drehen auch so manchen Rückstand in einen Sieg, etwa gegen den stark aufspielenden TSV Lehnerz. Im Anschluss an dieses 4:1 kann die Mannschaft erstmals Spitzenreiter- Gesänge anstimmen. Leider auch zum letzten mal, denn ein früher Wintereinbruch, sowie bekannt miserable Trainingsbedingungen lassen nur noch zwei schmerzhafte Auswärtsniederlagen in Grebenstein (2:1) und bei Hessen Kassel (5:2) zu. Angetrieben von Kapitän Matthias Rösner und dem durchsetzungsfreudigen Kristian Willeke, der im zweiten Jahr voll den Erwartungen gerecht wird, spielt und kämpft sich die Mannschaft im Nachhol-Marathon nach der Winterpause in die Spitzengruppe zurück, schlägt Aufstiegskonkurrenten wie Vellmar (1:0) oder Asbach (4:1) auf der Hauer, zahlt dagegen am Ende die Zeche für die Rettung der Zweiten, wo sich Goalgetter Chrissie, der in wenigen Einsätzen auch zum besten Schützen der Zweiten avanciert, in der Schlussminute gegen Neukirchen eine unglückliche Verletzung zuzieht. Bis Mitte Mai besteht trotzdem eine realistische Chance, die Saison auf einem Aufstiegsrang zu beenden, insofern ist Rang acht in der Abschlusstabelle zwar eine Enttäuschung, aber kein Grund für einen Abstieg. Die Herabstufung in die Sechstklassigkeit kommt am grünen Tisch zu Stande, durch die Einführung einer dritten Profiliga, mit der etliche Vereine mit Bundesliga-Vergangenheit, die zweiten Garnituren aktueller Erstliga-Vertreter los werden wollten. Eine Rechnung, die nicht aufgehen konnte, dafur aber nichts als Verlierer in den Ligen darunter produziert. Hessens höchste Liga ist nun fünftklassig, alle Spielklassen darunter ebenfalls abgewertet, insofern bedeutet selbst der erstmalige Korbacher Aufstieg ins hessische Oberhaus nicht mehr als die Wiederherstellung des status quo. Erhard Kiel hat seinen Beitrag dazu geleistet, als Trainer während der Saison und auch vorher: Bei Vorbereitung von ganz entscheidenden Transfers, wie der Rückkehr von Flo Hartmann und Benny Kahle oder der Neuverpflichtung von Benjamin Wendel, für seinen Trainer ist der Goddelsheimer der Spieler der Hinrunde.

Erhard Kiel (1952 – 2009)
Erhard Kiel hat das Ende der Winterpause nicht mehr erlebt. Er verstarb überraschend am 26. Januar 2009. Im Moment kann niemand sagen, ob er als erster Korbacher Trainer den Aufstieg in die Hessenliga geschafft hätte oder ob Oswald Mays Fazit auch 50 Jahre danach noch Gültigkeit behält: „Wir haben gesehen, dass wir mehrfach kurz vor dem Aufstieg standen. Zugegeben, dass uns dabei das nun einmal nötige Quentchen Glück fehlte, wollen wir aber auch ehrlich eingestehen, dass uns noch etwas anderes fehlte, nämlich Nerven und eine klare taktische Linie. Nun allen Unkenrufen zum Trotz, einmal wird es schon klappen, denn an Voraussetzungen fehlt es nicht. Wir haben einen zahlreichen und talentierten Nachwuchs, und das Training wird auch sehr ernst genommen. Wir wissen ferner, dass unsere Mannschaft technisch gut beschlagen ist – manchmal sogar zu sehr verspielt…. und alles weitere…“ Sollte damals Frieder Gutberlett schaffen.
….. wird fortgesetzt