Im Interview: Hendrik Osterhold

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Gruppenliga-Abstiegskampf beim TSV/FC Korbach: „Bei uns bricht keine Panik aus“

Von Gerhard Menkel

Korbach. Der 37 Jahre alte Defensivmann spielt seit 20 Jahren für Korbachs „Erste“ und ist gemeinsam mit Matthias Rösner das Urgestein an der Hauer. Im WLZ-Gespräch redet er über Unterschiede zwischen seiner und der aktuellen Spielergeneration, den Trainer, die Nachwuchsarbeit und seine Zukunft.

Trainer Ralf Wetzstein sieht die Mannschaft „gefährlich nah an den Abstiegsplätzen“. Das hätte er vor der Saison nicht erwartet, sagt er. Sie auch nicht?
Jan-Hendrik Osterhold: Nein. Ich habe uns aber auch nicht oben dran gesehen, obwohl ich diese Meinung nach den ersten Spielen relativiert habe: Wir waren bei unseren Niederlagen nicht schlechter als die Gegner, verloren haben wir, weil wir mental nicht auf der Höhe sind – was bei einigen Spielern auch mit konditionellen Problemen zu tun hat.

Der Trainer hat wiederholt die schlechte Trainingsbeteiligung beklagt.
Osterhold: Es ist das größte Problem. Viele Mannschaften spielen in der Liga ja nach dem Motto: hinten sicher, Ball lang nach vorn und hinterher. Das klappt nur, wenn du wirklich fit bist. Wenn du gegen Gegner wie Goddelsheim oder auch Volkmarsen verlierst, die spielerisch sicher nicht zu den besten der Liga gehören (auch wenn Volkmarsen aus seinen Möglichkeiten richtig viel macht), dann muss man sich fragen, warum das so ist.

Passiert dieses Hinterfragen in Ihrer Mannschaft?
Osterhold: Nicht bei allen, so ist mein Eindruck, sonst wären sie im Training dabei. Sicher: Wir haben viele Schichtarbeiter und auch einige Studenten, die oft nicht können. Aber gerade die Jüngeren schieben oft persönliche Befindlichkeiten vor.

Für die meisten Spieler der neueren Generationen scheint Fußball nicht mehr an erster Stelle zu stehen, sehen Sie das auch so?
Osterhold: Ja. Und es ist manchmal schwer nachzuvollziehen, dass Familienväter oder Spieler, die von weiter anreisen, häufiger trainieren als ortsansässige Junggesellen.

Kann man da als Spielführer etwas bewirken?
Osterhold: Wir haben interne Sitzungen abgehalten, der Trainer spricht es immer wieder an – als Spielführer sind einem die Hände gebunden, es muss von den Jungs selbst kommen.

Wie beurteilen Sie den Teamgeist? Er wurde ja unter Jörg Büchse gelobt.
Osterhold: Da ist nichts Auffälliges, wir kommen miteinander gut klar. Ich finde, dass sich auch die Enser Spieler gut einfügen. Allerdings trennen sich oft nach den Spielen sofort die Wege; das war aber unter Jörg Büchse auch schon so.

Sie spielen seit 1998 ständig in der ersten Mannschaft. Korbach erlebte zwar immer wieder Abstiegskampf, aber in der Verbandsliga, nicht in der Gruppenliga. Nehmen die Spieler die aktuelle Situation an?
Osterhold: Auf jeden Fall, zumal jeder weiß, dass mehr in der Mannschaft steckt. Es bricht keine Panik aus, wir müssen uns nur mal für die guten Spiele belohnen. Beispiel letztes Liga-Spiel: Wir waren in den ersten 20 Minuten nicht schlechter als Eintracht Baunatal und mussten in Führung gehen. Dann läuft das Spiel ganz anders. Wir verlieren nicht mehr deshalb, weil die Einstellung nicht passt, wir haben Pech im Abschluss. Ein bisschen mag Unvermögen dabei sein, aber ich glaube, wir haben vor allem auch Schiss vor dem Tor.

Das größte Problem an der Hauer scheint der fehlende Nachwuchs zu sein, erst die aktuelle B-Jugend könnte wieder ein guter Jahrgang werden.
Osterhold: Könnte, ja. Man muss hoffen, dass die potenziellen Kandidaten bleiben oder nicht plötzlich keinen Bock mehr auf Fußball haben. Das Nachwuchs-Problem haben auch andere größere Vereine. Ein FC Ederbergland aber etwa hat den Vorteil, sich Spieler aus der Region dazu kaufen zu können.

Ist das eine gute Taktik? Von den sechs Stammspielern, die im Sommer den TSV/FC verlassen haben, waren die meisten keine Korbacher, oder besser: keine Kernstädter.
Osterhold: Wichtig ist auf diejenigen zu setzen, die bei uns im Verein spielen, egal, wo sie herkommen. Na klar, Marcel Bangert und Christopher Emde sind bei uns ausgebildet worden und trotzdem gegangen. Da tat uns extrem weh, weil wir seit mehreren Jahren keine schlagkräftige A-Jugend mehr haben. Wir müssen wieder dahinkommen, dass alle Jugendmannschaften in der Gruppenliga spielen. Derzeit sind die Rückstände, die die jungen Fußballer in der Ausbildung haben, zu groß. Das mache ich aber keinem zum Vorwurf, sie haben es nicht besser gelernt.

Der TSV/FC hat einen relativ kleinen Kader, da sind langwierige Verletzungen wie die von Elias Mayer oder Gregor Mainusch kaum zu verkraften. War es klug, nach dem Beitritt der SSG Ense/Nordenbeck drei Mannschaften zu melden?
Osterhold: Schwierig. Es ist aber wohl so, dass viele Leute, die in der „Dritten“ spielen, mit der B-Liga zufrieden sind. Zwar gibt es einige mit mehr Ambitionen, aber wie sehr die „Zweite“ davon zehren würde, wenn wir nur zwei Mannschaften gemeldet hätten, kann ich nicht sagen. Die „Dritte“ muss man überhaupt gesondert betrachten: Da läuft viel just for fun, trotzdem ist die Trainingsbeteiligung groß. Manche sind dreimal die Woche dabei. Das schaffen nicht mal 70 Prozent der „Ersten“.

Den Korbachern wurde in den kleineren Vereinen gern mal eine gewisse Überheblichkeit nachgesagt, deshalb hauen sich deren Mannschaften immer besonderes rein. Die drei Derby-Niederlagen in dieser Saison, den Kreispokal mit gerechnet, scheinen das zu belegen. Können Sie diese Sichtweise nachvollziehen?
Osterhold: Früher konnten wir uns das vielleicht erlauben, Spiele nicht ganz so ernst zu nehmen oder auch mal Gegner bei Hallenturnieren vorzuführen. Das wirkt ein Stück weit überheblich, aber Arroganz muss man sich leisten können. Davon sind wir derzeit weit entfernt. Es kann natürlich sein, dass andere Mannschaften sich auf der alten Schiene motivieren: Die Korbacher als Kreisstädter, denen wollen wir es mal zeigen. Aber ob das noch eine große Rolle spielt? Ich kann mir kaum vorstellen, dass etwa Jörg Büchse die Mengeringhäuser darüber motiviert. Umgekehrt glaube ich, dass es uns gut tun würde, wenn der ein oder andere eine andere Körpersprache zeigen würde.

Um mehr Selbstbewusstsein zur Schau zu stellen?
Osterhold: Ja. Nur holt man sich Selbstbewusstsein auch übers Training, über die Fitness. Gegen Eddersheim am Mittwoch hat man gesehen, dass selbst Spieler, die bisher vor allem in unteren Klassen unterwegs waren, 60 Minuten ein hohes Tempo gehen können. Wenn dann aber die Konzentration nachlässt, brechen alle Dämme.

Keine zwei Optionen für Derby

Am Samstag gibt’s das Schlüsselspiel gegen die SG Bad Wildungen, gegen die Korbach in den letzten drei gemeinsamen Serien alle Spiele gewonnen hat. Endet die Serie oder geht sie weiter?
Osterhold: Es gibt für dieses Spiel keine zwei Optionen: Es muss gewonnen werden, selbst ein Punkt wäre zu wenig. Das weiß jeder. Ich hoffe, dass die erste Halbzeit gegen Eddersheim allen die Augen geöffnet hat, zu was wir als Mannschaft in der Lage sind.

Welches Standing hat Ralf Wetzstein in der Mannschaft?
Osterhold: Er ist definitiv fachlich sehr angesehen. Er hat Spaß am Fußball. Man merkt, dass er uns weiterzubringen versucht. Seine Art stößt vielleicht mal jüngeren Spielern sauer auf – man wird ja heute nicht mehr gerne kritisiert. Dann auch die vielen persönlichen Befindlichkeiten: Für ihn, der aus der halbprofessionellen Arbeit kommt, war der Wechsel sicher eine Art Kulturschock.

Korbach ist nicht Ahlen.
Osterhold: Nein. Es wäre super gewesen, wenn wir alle an einem Strang ziehen und seine Vorstellung umsetzen würden. In der Vorbereitung waren wir auf einem guten Weg, wir hatten eine gute Fitness und haben angefangen, taktische Dinge einzustudieren. Sie hätten bei einer gewissen Regelmäßigkeit fruchten können. Grundsätzlich ist er akzeptiert, reagiert aber manchmal sehr emotional. Wenn sich jemand aus privaten Gründen beispielsweise fürs Spiel abmeldet, kann er das kaum nachvollziehen. Das finden nicht alle gut. Was ich persönlich schätze: Er setzt Tugenden wie Pünktlichkeit, Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit voraus.

Sie werden im nächsten April 38 Jahre alt: Wie lange werden Sie noch spielen?
Osterhold: Puh, das werde ich schon seit ein paar Jahren gefragt (lacht). Ich entscheide immer von Serie zu Serie: Was macht die Gesundheit, passt es familiär? Spaß muss es machen, natürlich. Aktuell frage ich mich oft, warum ich das mit dieser Intensität betreibe, andere aber nicht.

Sie sind junger Vater.
Osterhold: Ja, das meine ich. Manchmal ärgere ich mich, wenn wir nur zu sechst oder zu siebt auf dem Trainingsplatz stehen. Ich könnte die Zeit auch anders verbringen. Eine Deadline habe ich mir aber nicht gesetzt. Kann sein, dass ich im Sommer aufhöre, kann sein, dass es weitergeht. Das hängt auch von den Perspektiven ab.

Quelle

WLZ Sport

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Die Waldeckische Landeszeitung ist die Heimatzeitung des TSV/FC Korbach und unterstützt den Verein seit vielen Jahrzehnten u. a. mit redaktionellen Beiträgen und Spielberichten. Redakteure: Gerhard Menkel, Manfred Niemeier, Thorsten Spohr, Martin Rinne u.a.

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